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38 MATTHIAS WERNER
sprach151, so brachte sie damit in aller Klarheit zum Ausdruck, dass der rechtliche Sta- tus Sophies trotz aller ihrer hochrangigen Selbsttitulierungen letztlich nichts anderes war als der einer edelfreien Witwe152 – einer nobilis mulier, der durch den Heimfall des Landgerichts Maden und damit der Grafschaft Hessen an den Erzbischof von Mainz der wichtigste Bezugsrahmen für ihren Herrschaftsanspruch als domina Hassie entzo- gen war.
3. Die Sicherung der Herrschaft Hessen durch Markgraf Heinrich den Erlauchten 1250–1254/56 und die welfische Heirat 1254
Hält man sich diese in mehrfacher Hinsicht äußerst schmale Ausgangsbasis vor Au- gen, so waren, als Sophie von Brabant sich im Februar/März 1248 in ihre Herrschafts- gebiete an der Lahn begab153, die Bedingungen nur wenig günstig, ihre Ansprüche auf das ludowingische Erbe durchzusetzen und die von den Ludowingern geschaffene Herrschaft Hessen für ihren Sohn – und damit zugleich insgesamt in ihrem Bestand – zu sichern. In dieser extrem schwierigen Lage fand Sophie neben den Vasallen, Minis- terialen, Städten und kirchlichen Institutionen154 ihrer oberhessischen Herrschaftsge-
Heinrich der Erlauchte bezeichnete in seiner bei seinem Treffen mit Sophie Anfang September 1252 auf der Wartburg ausgestellten Urkunde für das Marburger Deutschordenshaus Sophie lediglich als con- sanguinea nostra dilecta, wobei er freilich noch die Angabe filia sancte Elizabeth hinzufügte, wyss, S. 95, Nr. 116; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 324, Nr. 2058; Grotefend/rosenfeld, S. 13, Nr. 37.
151 So Erzbischof Werner von Eppstein in seiner Exkommunikationsurkunde vom 4.5.1261, wo er noch hinzufügte: nata beate Elizabeth, relicta quondam ducis Brabantie, Gudenus, Codex diplomaticus (wie Anm. 36), Bd. 1, S. 680, Nr. 299; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 456, Nr. 2899; Grotefend/rosenfeld, s. 24, Nr. 68.
152 Sie war damit hinsichtlich ihres rechtlichen Status und ihres ungeklärten Ranges durchaus vergleich- bar mit Herzog Heinrichs des Löwen Enkel Otto von Lüneburg, der vor seiner Herzogserhebung 1235 von der staufischen Kanzlei lediglich als „ein Edelmann ohne Grafentitel“ angesehen wurde, vgl. Bernd schneidmüller, Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung (819–1252) (Urban-Taschenbücher 465), Stuttgart 2000, S. 279.
153 Zu der lebhaften Ausgestaltung dieser Ereignisse in der spätmittelalterlichen hessischen Historiographie und der jüngeren literarischen und populären Tradition, die Sophies Ankunft und Empfang in Marburg im Frühjahr 1248 gleichsam zu einem „Erinnerungsort“ der hessischen Geschichte machte, vgl. die sub- tile Analyse von hussonG (wie Anm. 9), S. 18–26, 43–126. Auch in der bislang einzigen jüngeren wissen- schaftlichen biographischen Darstellung Sophies, dem Essay von Werner Goez, Herzogin Sophia von Brabant (*1224, † 1275), in: ders., Lebensbilder aus dem Mittelalter. Die Zeit der Ottonen, Salier und Staufer, 2. überarbeitete Aufl. Darmstadt 1998, S. 430–531, klingen diese Vorstellungen noch an.
154 Die verbreitete, etwa auch von Hans Patze, Politische Geschichte im hohen und späten Mittelalter, in: Ders., Walter schlesinGer (Hrsg.), Geschichte Thüringens, Bd. 2,1: Hohes und spätes Mittelalter (Mit- teldeutsche Forschungen 48,2), Köln, Wien 1974, S. 1–214, hier S. 43, und ähnlich von Peter moraw, Das späte Mittelalter, in: heinemeyer (Hrsg.), Das Werden (wie Anm. 70), S. 195–223, hier S. 206 f., ver- tretene Vorstellung, Sophie habe sich in hohem Maße auf die Deutschordensniederlassung über dem Grab ihrer Mutter in Marburg und auf den mit dieser „verbundenen hessischen Adel“ stützen können, lässt sich, wie demnächst die Dissertation von stanGe-methfessel (wie Anm. 139) näher zeigen wird, nicht aufrecht erhalten.


































































































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