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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 39
biete155 Rückhalt zwar bei Papst Innozenz IV.156 sowie bei einigen Grafen des heutigen ober- und mittelhessischen Raums, insbesondere dem Grafen Bertold I. von Ziegen- hain157, doch zählte zunächst kein einziger Reichsfürst zu ihren Verbündeten. Vielmehr hatte sie mit dem in das nördliche Hessen eingedrungenen Herzog Otto von Braun- schweig den Vertreter eines größeren, politisch eng miteinander verbundenen Ver- wandtschaftskreises zum Gegner, dem mit dem Herzog von Sachsen, den Markgrafen von Brandenburg und den Grafen von Anhalt die führenden weltlichen Herrschafts- träger im Nordosten des Reiches angehörten158. Diese zählten – trotz der gemeinsa- men staufernahen Haltung – mit ihren z. T. kriegerisch vorgetragenen Ansprüchen auf das ludowingische Erbe im nördlichen Thüringen zugleich zu den heftigsten Geg- nern von Sophies wettinischem Vetter Markgraf Heinrich von Meißen159. Erst recht keinen Rückhalt konnte Sophie von ihrem angeheirateten Neffen König Wilhelm von Holland erwarten, da Wilhelm bis Anfang 1252 durch die Sicherung seiner Herrschaft und den Kampf gegen die Staufer nahezu völlig im Nordwesten des Reiches und am Mittelrhein gebunden war160.
Es waren diese Position der Schwäche und der drohende Verlust der Grafschaft Hessen/Maden als des Kern- und Hauptgebiets der Herrschaft Hessen an den Main- zer Erzbischof, die Sophie nach zweijährigen Bemühungen um ihr hessisches Erbe dazu bewegten, engen Anschluss an Markgraf Heinrich von Meißen zu suchen161. We- nige Tage, nachdem Markgraf Heinrich mit dem Abschluss seines ersten thüringi- schen Landfriedens Ende Februar 1250 seine fürstliche Oberherrschaft in Thüringen endgültig durchgesetzt hatte162, übertrug ihm Sophie nach dem Bericht der zeitgenös- sischen Erfurter Prediger-Annalen bei einem Treffen in Eisenach am 2. März 1250 zusammen mit der Vormundschaft über ihren Sohn das edle Schloß Wartburg mit dem gesamten Land Hessen für zehn Jahre163.
155 Vgl. das Beispiel der Gebrüder von Hohenfels, Anm. 149. In den Zeugenlisten der – freilich nur sehr wenigen Urkunden – Sophies von Brabant zwischen März 1248 und Februar 1250 überwiegen Zeugen aus Oberhessen, aus der Hassia werden nur Konrad von Elben und Dietrich Wolf von Gudensberg je einmal genannt; vgl. hierzu den Beitrag von Frauke stanGe-methfessel im vorliegenden Band sowie künftig vor allem ihre Anm. 139 angekündigte Dissertation.
156 Er nahm die nobilis mulier Sophia lantravia [sic!] Thuringie am 6.5.1249 mit allen ihren Gütern in den päpstli- chen Schutz, rodenBerG (wie Anm. 137), S. 527, Nr. 712; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 273, Nr. 1706.
157 Vgl. oben S. 33 mit Anm. 133.
158 Dazu zuletzt teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 257 f.
159 Vgl. oben S. 18.
160 Beste Übersicht noch immer bei Otto hintze, Das Königtum Wilhelms von Holland (Historische Stu-
dien 15), Leipzig 1885, S. 17–49.
161 So bereits sehr klar ilGen/VoGel, S. 293 f. Zum Folgenden vgl. ausführlich den Beitrag von Mathias
kälBle im vorliegenden Band; vereinzelte Überschneidungen ließen sich angesichts der unterschiedli-
chen Themenstellung der Beiträge trotz wechselseitiger Abstimmung nicht vermeiden.
162 Zu dem Abschluss des Landfriedens in Mittelhausen am 28.2.1250 vgl. oben S. 16 f.
163 Annales Erphordenses (wie Anm. 1), S. 108: Dein tertia die veniens [sc. Heinrich der Erlauchte] Ysenacum a
ducissa Brabantie sub nomine tutoris ipsius filii nobile illud castrum Wartberc cum tota Hassia terra ad annos X com- modatum suscepit.