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34 MATTHIAS WERNER
als politische Einheit grundsätzlich gesicherte reichsfürstliche Landgrafschaft Thürin- gen.
Herzog Heinrich II. von Brabant, der im Frühjahr 1247 persönlich in Hessen er- schienen war134 und möglicherweise auch die Wartburg aufsuchte135, betonte ausdrück- lich seine Ansprüche auf das ludowingische Erbe136 und nahm sofort die Auseinander- setzung mit dem Mainzer Erzbischof auf. Der Konflikt erreichte solche Dimensionen, dass die Kunde davon bis an die Kurie drang137. Hält man sich diesen „durchaus tat- kräftigen Herrschaftsantritt“138 (Ulrich Hussong) vor Augen und bedenkt man zu- gleich die überaus ungünstige Ausgangslage in Hessen, dann lässt sich ermessen, wel- chen Rückschlag und extreme Schwächung für die Bemühungen um die Erbansprüche seines Hauses es bedeutete, als Herzog Heinrich II. bereits im Februar 1248 starb. Die Anwartschaft auf das ludowingische Erbe ging nun unmittelbar auf seinen drei- jährigen Sohn Heinrich aus seiner Ehe mit Sophie über. Sie war für diesen umso be- deutsamer, als sich für Heinrich das Kind allein hier die Perspektive einer künftigen fürstlichen Herrschaft eröffnete – der Hauptteil und das Kernstück des Erbes Hein-
134 Vgl. aus der Fülle der Literatur etwa hussonG (wie Anm. 9), S. 12 f., teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 255, sowie zuletzt den Beitrag von Frauke stanGe-methfessel im vorliegenden Band. Heinrich ist am 13. und 28.5.1247 in Marburg bezeugt und urkundete am 17.5. in Hersfeld, Grotefend/rosen- feld, S. 3 f., Nr. 7 ff.
135 Heinrichs II. Tochter Beatrix, die Witwe Heinrich Raspes, ist noch am 12.4.1247 auf der Wartburg be- zeugt; bereits am 13. 8. 1247 war ihr Heiratsvertrag mit Graf Wilhelm von Flandern geschlossen, vgl. zuletzt werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 248 mit Anm. 521. Mit ilGen/VoGel, S. 261, und wenck (wie Anm. 25), S. 702 f., ist es sehr wahrscheinlich, dass Herzog Heinrich II., der sich am 17.5. – ver- mutlich wegen der Hersfelder Kirchenlehen – in Hersfeld aufhielt, vgl. Anm. 134, von hier aus Verbin- dung mit seiner Tochter aufnahm, sie auf der Wartburg traf und mit nach Brabant zurückführte. Es ist gleichfalls sehr wahrscheinlich, dass in diesem Zusammenhang auch erörtert wurde, wie mit den um- fangreichen Witwengütern verfahren werden sollte, die Beatrix 1241 von Heinrich Raspe in Thüringen erhalten hatte, vgl. dazu den Beitrag von Mathias kälBle im vorliegenden Band.
136 So in seiner am 28.5.1247 in Marburg ausgestellten Urkunde für das Deutschordenshaus in Marburg, dem er den Patronat der Kirche von Felsberg schenkte, der ad nos et nobilem mulierem Sophiam uxorem nost- ram et pueros nostros [...] pleno iure pertineat, wyss, S. 74, Nr. 82; Grotefend/rosenfeld, S. 3 f., Nr. 9. Der Patronat der Felsberger Kirche zählte zu den Mainzer Kirchenlehen, vgl. dazu unten S. 85 mit Anm. 378. Hier den Deutschen Orden besitzmäßig zu verankern – noch dazu in unmittelbarer Nachbarschaft der Mainzer Burg Heiligenberg und der hier bereits bestehenden Position des Deutschen Ordens in Möllrich – , war zweifellos ein deutlicher Affront gegen den Erzbischof.
137 Im November 1247 beauftragte Papst Innozenz IV. seinen Legaten in Deutschland, Kardinal Petrus Ca- pocci, zwischen dem Erzbischof von Mainz und dem Herzog von Brabant zu vermitteln und nach dem Rat König Wilhelms Frieden herzustellen. Zugleich ermahnte er den Mainzer Erzbischof, da zwischen ihm und dem ducem Brabantie occasione cuiusdam terre dissentionis materia ut accepimus sit exorta, sich in diesem Konflikt an die Weisung des Kardinallegaten zu halten, und er stellte eine Reihe von Gunsterweisen für Herzog Heinrich II. von Brabant aus, Karl rodenBerG, Epistolae saeculi XIII e regestis pontificum Ro- manorum selectae, Bd. 2 (MGH), Berlin 1887, S. 328, Nr. 457; S. 331, Nr. 463; S. 334 ff., Nr. 469/71, doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 250 f., Nr. 1564/65. Bei der umstrittenen terra kann es sich nur um Hes- sen gehandelt haben, was – auch wenn uns sonst keinerlei Einzelheiten überliefert sind – auf erhebliche Auseinandersetzungen verweist. Zu den Vorgängen vgl. auch teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 252, 294.
138 hussonG (wie Anm. 9), S. 13.


































































































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