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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 31
schen Lager an. Herzog Heinrich II. von Brabant hatte bei der päpstlich betriebenen Wahl König Wilhelms von Holland im Oktober 1247 aufs engste mit beiden Erzbi- schöfen zusammengewirkt117. Über ihn als Oheim Wilhelms von Holland mütterlicher- seits zählte auch Sophie zum unmittelbaren Verwandtschaftskreis des neuen Königs. Ein Zusammengehen dieser nächsten Parteigänger König Wilhelms hätte somit durch- aus nahe gelegen. Doch besaßen, wie das Vorgehen Siegfrieds III. 1247 in Hessen zeigt, selbst bei so weitreichender Übereinstimmung territoriale Vorteile zumeist deutlich den Vorrang gegenüber reichspolitischen Interessen. Für den Papst, der Sophie und Hein- rich seit 1245 reich mit Privilegien begünstigte118 und der massiv auf die Durchsetzung des Königtums Wilhelms von Holland drang, ergab sich hieraus ein Dilemma, das er, kaum überraschend, ohne Erfolg zu bekämpfen suchte119. Die auffällige Begünstigung, die Konrad von Hochstaden in den Jahren 1247/49 dem von Sophie – in der Nach- folge Heinrich Raspes – geförderten Zisterzienserinnenkloster Georgenberg bei Fran- kenberg zukommen ließ120, bot somit keineswegs die Gewähr dafür, dass sich das ter- ritoriale Expansionsstreben des mächtigen Erzbischofs nicht auch einmal gegen die landgräflichen Positionen in dieser Grenzzone seines Erzstiftes richten würde.
Unmittelbar dem Zugriff expansiver Nachbarmächte ausgesetzt waren Herzog Heinrich II. und Sophie im Nordosten der ihnen zugefallenen ludowingischen Herr- schaftsgebiete. Hier, im Raum von oberer Leine, Weser und Werra, nutzten die Welfen, die mit der Erhebung Ottos des Kindes (1204–1252) zum Herzog von Braunschweig und Lüneburg 1235 wieder in den Reichsfürstenstand zurückgekehrt waren, wie im nordwestlichen Thüringen gegenüber Markgraf Heinrich von Meißen121, so auch in Nordhessen gegenüber Heinrich II. von Brabant und Sophie die Situation von 1247, um in raschem Vorstoß ihre nach dem Sturz Heinrichs des Löwen 1180 an die Ludo- winger verlorenen Positionen zurück zu gewinnen und weiter auszubauen. Bereits An- fang März 1247 brachte Herzog Otto I. die Stadt Münden an der Mündung von Ful- da und Werra in seine Hand, die, auf Reichsgut gegründet, seit der zweiten Hälfte des
117 Zur Wahl König Wilhelms am 3.10.1247 bei Worringen, bei der Herzog Heinrich II. zunächst selbst zu den Kandidaten gezählt hatte, vgl. etwa Hartmut steinBach, Die Reichsgewalt und Norddeutschland in nachstaufischer Zeit (1247–1308) (Kieler Historische Studien 5), Stuttgart 1968, S. 11 ff., und jüngst An- dreas Büttner, Der Weg zur Krone. Rituale der Herrschererhebung im spätmittelalterlichen Reich (Mit- telalter-Forschungen 35), Ostfildern 2012, S. 173 f.
118 Vgl. etwa Grotefend/rosenfeld, Nachträge S. 296, Nr. 1a/1b; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 199 f., Nr. 1212, 1219.
119 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 251; vgl. dazu auch unten S. 34 mit Anm. 137.
120 Das in der Diözese Mainz gelegene Kloster erhielt von Erzbischof Konrad von Hochstaden in den Jahren 1247 bis 1249 nicht weniger als vier Ablaß- und Schutzurkunden, vgl. Friedrich schunder (Be- arb.), Die oberhessischen Klöster. Regesten und Urkunden, Bd.1 (VHKH 9,3), Marburg 1961, S. 90 ff., Nr. 266, 268, 270 f.; zu Georgenberg vgl. jetzt Johannes Burkardt, Art. Frankenberg, Georgenberg, in: Friedhelm JürGensmeier, Regina Elisabeth schwerdtfeGer (Bearb.), Die Mönchs- und Nonnenklöster der Zisterzienser in Hessen und Thüringen, Bd. 1 (Germania Benedictina 4,1: Hessen und Thüringen),
St. Ottilien 2011, S. 706–716.
121 Vgl. dazu oben S. 18.