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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 29
ben Zusammenhang ließ er sich die im Jahre 1225 von Landgraf Ludwig IV. erwor- benen Ziegenhainischen Burgen und Städte zwischen Wildungen und Reichenbach in partibus Hassie übertragen106. Auch im südlichen Herrschaftsteil ging er gegen ludo- wingische Stützpunkte vor und beanspruchte bereits im März 1247 das Obereigentum an der landgräflichen Stadt Alsfeld107. Sein machtpolitisches Übergewicht wurde zu- sätzlich dadurch erhöht, dass wichtige Herrschaftsträger der Region, insbesondere der mächtige Graf Adolf von Waldeck und die Grafen von Battenberg, auf Mainzer Sei- te standen108. Insgesamt war damit die Hassia als der Hauptteil der Herrschaft Hessen binnen Kürze weitgehend unter seinen Einfluss gelangt, und auch die Herrschaft an der Lahn sah sich unmittelbar dem erzbischöflichen Druck ausgesetzt.
Mit diesem raschen Zugriff, mit dem er die günstige Situation unmittelbar nach dem Aussterben des ludowingischen Hauses äußerst wirkungsvoll nutzte, schwäch- te Erzbischof Siegfried III. die Ausgangsbasis Herzog Heinrichs II. von Brabant und seiner Gemahlin Sophie entscheidend. Sie konnten für die Erlangung ihres ludowin- gischen Erbes in Hessen an Machtgrundlagen im Lande selbst zunächst nur über die vergleichsweise schmalen Positionen an der Lahn mit Marburg als Zentrum und den in z. T. weiter Streulage darum gruppierten ludowingischen Städten, Burgen, Gütern und Rechten verfügen109.
Dieser höchst labilen Kräftekonstellation im Innern standen übermächtige äußere Nachbarn gegenüber. Im Westen war dies vor allem das Erzstift Köln, während von Norden her der welfische Herzog Druck auf die hessischen Gebiete ausübte.
Das Erzbistum Köln, durch den Erwerb des rheinisch-lothringischen Dukats 1151 und des Herzogtums Westfalen 1180 ohnehin einer der bedeutendsten Machtfakto-
106 Gudenus, Codex diplomaticus (wie Anm. 36), Bd. 1, S. 599 f., Nr. 248; Böhmer/will, XXXIII (Erzbi- schof Siegfried III.), S. 293, Nr. 594; Grotefend/rosenfeld, s. 2, nr. 4; die Urkunde wurde nach der Abreise des Erzbischofs am 2.4.1247 in Fritzlar ausgestellt. Zur Sache vgl. ilGen/VoGel, S. 251 ff., die „den höchst bedenklichen Charakter“ des Mainzer Vorgehens betonen, sowie zuletzt werner, Reichs- fürst (wie Anm. 4), S. 136 mit Anm. 37, und Stefan Grathoff, Mainzer Bischofsburgen. Erwerb und Funktion von Burgherrschaft am Beispiel der Mainzer Erzbischöfe im Hoch- und Spätmittelalter (Ge- schichtliche Landeskunde 58), Stuttgart 2005, S. 93 f., 178 f. Weiter zu diskutieren bleibt, inwieweit Graf Adolf von Waldeck, der bei diesem Rechtsgeschäft zugegen war, bereits damals seine erstmals 1254 be- zeugten Rechte an der comicia Wildungen erhielt, vgl. Ulrich Bockshammer, Ältere Territorialgeschichte der Grafschaft Waldeck (Schrr. 24), Marburg 1958, S. 173 f., 247 f.
107 So unter Hinweis auf Böhmer/will, XXXIII (Erzbischof Siegfried III.), S. 292 f., Nr. 588 f. und do- Benecker, Regesta, Bd. 3, S. 239, Nr. 1490, ilGen/VoGel, S. 254 f. und lutz (wie Anm. 9), S. 235.
108 Graf Adolf von Waldeck begegnet nicht nur zwischen dem 27.2. und 2.4.1247 mehrfach im erzbischöf-
lichen Umfeld in Fritzlar, vgl. doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 238, Nr. 1485; S. 239 f., Nr. 1493 und Nr. 1497, Grotefend/rosenfeld, S. 1 f., Nr. 3 f., sondern er wirkte z. T. auch bei den getroffenen Rege- lungen mit, vgl. auch ilGen/VoGel, S. 248 f. Zu den Grafen von Battenberg als Parteigängern des Erz- bischofs von Mainz vgl. Ulrich lennarz, Die Territorialgeschichte des hessischen Hinterlandes (Unters. Mat.Verf.LG 1), Marburg 1973, S. 73 f. mit Anm. 168.
109 Vgl. hierzu den Beitrag von Frauke stanGe-methfessel im vorliegenden Band. Ein m. E. zu positi- ves Bild der Ausgangspositionen und frühen territorialen Erfolge Sophies von Brabant zeichnet Bernd fehrenBach, Die Burgenpolitik der Landgrafen von Hessen im Spätmittelalter (1263–1413) (Schrr. 42), Marburg 2012, S. 25 f.