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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 27
toriographischen Zeugnis – erstmals mit dem kennzeichnenden Titel lantgravius Has- sie98 versehen. Von hier wiederum war – nachdem Hermann II. Anfang 1241 kinderlos starb und Heinrich Raspe als letzter verbliebener männlicher Angehöriger der Dy- nastie nochmals die Regierung Hessens übernahm – der Schritt nicht mehr weit, dass dem Inhaber Hessens (sc. Heinrich Raspe, 1244) auch urkundlich – wenn auch nur in Fremdbezeichnung – der Titel lantgravius Hassie beigelegt wurde99.
Mit dieser Entwicklung sind zugleich die Traditionsstränge der „Hauspolitik“ Heinrich Raspes aufgewiesen, innerhalb derer seine Erbteilungspläne von – sehr wahr- scheinlich – 1243 für den Fall seines kinderlosen Todes standen100: Während die bei- den Reichsfürstentümer, die Landgrafschaft Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sach- sen, an Markgraf Heinrich den Erlauchten, den Sohn der Erstgeborenen Landgraf Hermanns I., gleichsam als den Vertreter der „älteren Hauptlinie“ fallen sollten, soll- te die deutlich aufgewertete Herrschaft Hessen an Sophie von Brabant und ihre Nach- kommen gleichsam als den Vertretern der „jüngeren Linie“ gelangen, und zwar wie bereits bei den Vorgängern Konrad und Hermann unter Wahrung ihres persönlichen fürstlich-landgräflichen Ranges. Die vorgesehene Aufteilung der Allode dürfte ent- sprechend dieser Gewichtung erfolgt sein.
Sowohl Landgraf Konrad wie Landgraf Hermann II. hatten ihre Vorherrschaft in Hessen nicht nur behaupten, sondern durch die Zurückdrängung des Mainzer Erzbi- schofs, durch die Einbindung der wichtigsten gräflichen und edelfreien Herrschafts- träger und durch eine erfolgreiche Städte- und Klosterpolitik noch weiter ausbauen können und waren damit zur mächtigsten politischen Kraft in dem Raum zwischen oberer Lahn und oberer Leine aufgestiegen. Auch Heinrich Raspe war in den mehr- fachen Phasen seiner Alleinherrschaft eine Regierung der hessischen Herrschafts- gebiete mit starker Hand gelungen, wobei sich seine Vormachtstellung nach seinem Übergang ins päpstliche Lager 1243 infolge der hierdurch dem Mainzer Erzbischof auferlegten territorialpolitischen Zurückhaltung noch weiter verstärkte. Jeweils hat- te den Inhabern der Herrschaft Hessen die verwandtschaftliche und räumliche Nähe zur Landgrafschaft Thüringen bzw. im Falle Heinrich Raspes die Personalunion mit Thüringen als wichtiger Rückhalt gedient – besonders deutlich erkennbar etwa an der engen Abstimmung zwischen Landgraf Konrad und Heinrich Raspe bei den kriege- rischen Auseinandersetzungen 1231 in Nordhessen und Thüringen mit dem Erzbi- schof von Mainz101.
98 So in den Erfurter Predigerannalen, holder-eGGer (wie Anm. 1), S. 99, bei der Mitteilung seines To- des am 2.1.1241.
99 doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 193, Nr. 1169; werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 233 mit Anm. 452.
100 Zutreffend verweisen ilGen/VoGel, s. 355, darauf, dass der junge Landgraf Hermann, „was seine reichsrechtliche Stellung in Hessen anlangt, in jeder Beziehung der Vorläufer Heinrichs des Kindes, des
eigentlichen Begründers der Selbständigkeit der hessischen Lande“ gewesen sei.
101 Vgl. dazu werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 159 ff.


































































































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