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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 21
runter die Landgerichte Siebleben und Mittelhausen – anerkannte63, gegen die Zah- lung von 1000 Mark Silber sämtliche Lehen überließ, die der verstorbene Heinrich, einst- mals Landgraf von Thüringen, von der Mainzer Kirche nach Lehnrecht besaß64. Weiter sicherte er zu, dass er hinsichtlich der einstmaligen Mainzer Lehen Heinrich Raspes in Hessen seine Ansprüche bis zur Mündigkeit des puer de Hassia (sc. Heinrichs, des 1244 gebore- nen Sohnes Sophies von Brabant) im Juni 1256 ruhen lassen und Frieden wahren wer- de65. Für den Fall, dass das Domkapitel seine Zustimmung zu diesen Regelungen ver- weigere, wurde ein Friede (treuge) zwischen dem Markgrafen, dem puerum de Hassia und deren Mannen einerseits und dem Erzbischof und dessen Mannen andererseits von einem Jahr vereinbart66.
Mit dem Udestedter Vertrag, der vom Mainzer Domkapitel offenbar gebilligt wur- de67, war der Konflikt Heinrichs des Erlauchten mit dem Erzbischof wegen der Main- zer Kirchenlehen in Thüringen beigelegt – und zwar auf Dauer. Nach der Verständi- gung mit dem thüringischen Adel, der Abwehr konkurrierender Erbansprüche aus den Reihen seiner Mitverwandten und nach der Belehnung durch König Wilhelm von Hol- land stellte für den Markgrafen der Ausgleich mit Mainz von 1254 den letzten Schritt dar, um die volle Nachfolge der Ludowinger in Thüringen anzutreten. Endgültig jetzt waren die Landgrafschaft und das übrige ludowingische Erbe in Thüringen – mit Aus- nahme der Allode und Kirchenlehen, die wie die Wartburg, Eisenach und Thamsbrück an Sophie von Brabant gefallen waren68 – zu einem integralen Teil des wettinischen Herrschaftskomplexes geworden69. Noch allerdings bestanden die Verbindungen zu
63 Neben der comicia von Siebleben und der minor comicia von Mittelhausen handelte es sich um das Mainzer Marschallamt für Thüringen, das Gericht Schönstedt, die Burg Spatenburg und den Hof von Greußen sowie alia omnia feoda, que clare memorie Heinricus olim Thuringorum lantgravius a Maguntina ecclesia iure tenuit feo- dali, Gudenus, Codex diplomaticus (wie Anm. 36), Bd. 1, S. 639–642, Nr. 269; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 353 f., Nr. 2238; Grotefend/rosenfeld, S. 15 f., Nr. 46. Zur Diskussion, ob es sich bei der minor comicia Mittelhausen ursprünglich um das – mit Maden – vergleichbare thüringische Landgericht insgesamt und damit um „den Kern der Landgrafschaft Thüringen“ oder lediglich um dessen Platz und ein kleineres Dorfgericht handelte, vgl. heinemeyer, Aufbau (wie Anm. 33), S. 66 mit Anm. 91.
64 Ganz offensichtlich aber waren trotz dieser Formulierung jene Mainzer Lehen Heinrich Raspes in Thü- ringen ausgenommen, die an Sophie von Brabant gelangt waren und dieser von Erzbischof Werner 1263 bei den Langsdorfer Verträgen zugesichert wurden, vgl. dazu unten S. 90 ff.
65 Siehe dazu unten S. 47 mit Anm. 207.
66 Vgl. Winfried leist, Landesherr und Landfrieden in Thüringen im Spätmittelalter 1247–1349 (Mittel-
deutsche Forschungen 77), Köln, Wien 1975, S. 7 f. Auf die weiteren Bestimmungen, die gleichfalls für einen Vergleich mit den – von der landgräflichen Seite beurkundeten – Langsdorfer Verträgen höchst aufschlussreich erscheinen, ist hier nicht einzugehen, vgl. hierzu den Beitrag von Mathias kälBle im vorliegenden Band.
67 So lutz (wie Anm. 9), S. 254, und heiniG (wie Anm. 56), S. 358. Die Frage, inwieweit es sich bei dem Vertrag von Udestedt um einen „Interimsrevers“, so ilGen/VoGel, S. 318, bzw. nur um „die Beurkun- dung des Präliminarfriedens“ handelte, so doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 357, Bemerkung zu Nr. 2258, und die eigentliche Belehnung Heinrichs des Erlauchten erst im Juli 1254 erfolgte, kann hier gleichfalls unberücksichtigt bleiben; vgl. auch hierzu den Beitrag von Mathias kälBle im vorliegenden Band.
68 Zu den Kirchenlehen vgl. Anm. 64 sowie unten S. 90 ff.
69 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 300.