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20 MATTHIAS WERNER
1252 zwar erneut die Kommunikation über beide58, konnte damit aber umso weni- ger Druck ausüben, als Markgraf Heinrich wenig später im April 1252 offen auf die Seite König Wilhelms von Holland und damit in das päpstliche Lager überging. Viel- mehr musste umgekehrt der Erzbischof, „zugunsten der übergeordneten politischen Gesichtspunkte des Papstes diszipliniert“ (Paul-Joachim Heinig), noch im April 1252 seine eigene Exkommunikation durch den päpstlichen Legaten hinnehmen, aus der er erst ein Jahr später an Ostern 1253 gemeinsam mit Heinrich und Sophie gelöst wur- de – um im Herbst 1253 erneut der Bannung durch den Legaten zu verfallen59. Auch das im August 1253 für zehn Jahre gewährte päpstliche Privileg, dass Heinrich der Er- lauchte nur mit päpstlichem Spezialmandat exkommuniziert werden dürfe, sofern er nicht die Rechte des Mainzer Erzbischofs verletze, stärkte die Stellung des Markgrafen mehr als die des Erzbischofs60.
Unter diesen Rahmenbedingungen, die ihm weder machtpolitisch noch mit dem Einsatz von Kirchenstrafen eine Aussicht auf eine Durchsetzung seiner Ansprüche boten, überrascht es nicht, dass Erzbischof Gerhard I. schon bald nach dem für ihn ungünstigen Vorgängen von 1252/53 zu einem – für den Wettiner durchaus vorteil- haften – Vergleich bereit war61. Bei einer Zusammenkunft in dem kleinen Ort Udestedt nordöstlich von Erfurt am 16. Mai 125462 verständigte er sich mit dem Markgrafen auf eine forma compositionis seu concordie in der Weise, dass er Heinrich dem Erlauchten, der seinerseits die erzbischöfliche Lehenshoheit über die strittigen Rechte und Güter – da-
58 So der Bericht der Erfurter Predigerannalen (wie Anm. 1), S. 110, der auch die vorangehende Exkom- munikation mitteilt, und an dessen Glaubwürdigkeit gegenüber ilGen/VoGel, S. 276, Anm.* mit Böh- mer/will, XXXV (Erzbischof Gerhard I.), S. 316, Nr. 12 und zuletzt heiniG (wie Anm. 56), S. 357, festzuhalten ist.
59 Dazu neben lutz (wie Anm. 9), S. 251 f. zuletzt heiniG (wie Anm. 56), S. 357 f. und teBruck, Pacem con- firmare (wie Anm. 7), S. 299 mit Anm. 142.
60 doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 339 f., Nr. 2150; dazu lutz (wie Anm. 9), S. 252 f., sowie insbesondere die wichtigen Beobachtungen von Peter herde, Beiträge zum päpstlichen Kanzlei- und Urkundenwe- sen im 13. Jahrhundert (Münchener Historische Studien, Abteilung Geschichtl. Hilfswissenschaften 1), 2. Aufl. München 1967, S. 23 f., 220, 252 ff. (Anhang II).
61 Ausführlich zum Vergleich von Udestedt ilGen/VoGel, S. 315–322, sowie lutz (wie Anm. 9), S. 253 f.; vgl. auch heinemeyer, Aufbau (wie Anm. 33), S. 68.
62 Während der Erzbischof von Erfurt nach Udestedt kam und von dort offenbar noch am selben Tag nach Erfurt zurückkehrte, doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 354, Nr. 2239, war Heinrich der Erlauch- te von dem benachbarten Mittelhausen, wo er am 14. Mai bezeugt ist, ebd., S. 353, Nr. 2236 f., nach Udestedt gezogen. In diesem Dorf besaß u. a. das Erfurter Peterskloster Güter, die Grafen von Glei- chen hatten die Vogtei inne, zugleich aber waren offenbar auch landgräfliche Ministerialen ansässig und die Dorfgemeinde verfügte bereits über eigene Rechtsfähigkeit. Der Vertrag wurde apud Udestedt abge- schlossen und von Erzbischof Gerhard I. beurkundet. Bereits am 26.4.1254 hatte sich Heinrich der Er- lauchte hier aufgehalten und in campo apud Utstete für das Kloster Georgenthal geurkundet, ebd., S. 351 f., Nr. 2231. ilGen/VoGel, S. 315 f., hatten diese Nachricht im Sinne von „Feldlager“ gedeutet und da- raus auf militärischen Druck Heinrichs des Erlauchten gegen den Mainzer Erzbischof geschlossen, ob- gleich von „einem feindlichen Zusammenstoße [...] nirgends direkt berichtet“ werde; mit doBenecker, Bemerkungen zu Nr. 2231 und zu S. 304, Nr. 1911, verweist diese Datierung aber in keiner Weise auf ein Feld- oder Kriegslager. Ganz offensichtlich gingen dem Vertrag von Udestedt keine kriegerischen Auseinandersetzungen voraus.