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22 MATTHIAS WERNER
den übrigen Familienmitgliedern weiter, die gleichfalls an dem ludowingischen Erbe beteiligt waren bzw. Ansprüche auf eine Beteiligung erhoben, noch blieben Thüringen und Hessen weiter durch die allodialen Erbgüter und die Kirchenlehen Sophies von Brabant miteinander verschränkt, und noch waren die Konflikte nicht beigelegt, die die Erbregelungen von 1243 in sich bargen und die bereits kurz nach dem Tod Hein- rich Raspes bei ihrer faktischen Umsetzung aufgebrochen waren. Vielmehr nahmen diese Konflikte vor allem in Hessen und in den nördlich angrenzenden ehemaligen lu- dowingischen Herrschaftsgebieten in den 1250er Jahren deutlich zu und griffen von hier aus auch auf Thüringen über.
III. Die Nachfolge der Ludowinger in Hessen
Dass in Hessen wesentlich größere Probleme auftraten und sich die Auseinanderset- zungen um das ludowingische Erbe erheblich länger hinzogen als in Thüringen, war kaum überraschend. Hier waren die Ausgangspositionen für die Nachfolge der Lu- dowinger ungleich schwieriger. Dies lag zum einen an der gegenüber der Landgraf- schaft Thüringen deutlich geringer gefestigten räumlichen und rechtlichen Struktur der Herrschaft Hessen und zum anderen an der – im Vergleich zu Thüringen – für die Ludowinger und ihre Nachfolger wesentlich ungünstigeren Kräfteverteilung im Lan- de. Hinzu trat als zusätzlicher und besonders erschwerender Faktor die überaus labi- le familiär-dynastische Konstellation: Der eigentliche Erbe, Sophie von Brabants Sohn Heinrich, war beim Tod Heinrich Raspes im Februar 1247 noch keine drei Jahre alt. Da sein Vater Herzog Heinrich II. von Brabant bereits ein Jahr später, im Februar 1248, starb, war seine Mutter Sophie gezwungen, die Erb- und Herrschaftsansprüche ihres Sohnes in einer weit über zehnjährigen Regentschaftsregierung durchzusetzen.
1. Die ludowingische Herrschaft Hessen
Die Herrschaft Hessen, die bei der Regelung des ludowingischen Erbes 1243 Sophie, Herzog Heinrich II. von Brabant und ihren Nachkommen zugesprochen worden war, stellte ein höchst heterogenes Gebilde dar70. Sie bestand aus zwei räumlich deutlich
70 Die nachfolgenden Ausführungen stützen sich im wesentlichen auf Patze, Landesherrschaft (wie Anm. 53), S. 192–205, 380–485 (hier die Vogteien und Städte in Hessen betreffenden Passagen) und S. 506– 516; Walter heinemeyer, Das Hochmittelalter, in: ders. (Hrsg.), Das Werden Hessens (VHKH 50), Marburg 1986, S. 159–193, hier S. 179–187; Fred schwind, Thüringen und Hessen im Mittelalter. Ge- meinsamkeiten – Divergenzen, in: Michael Gockel (Hrsg.), Aspekte thüringisch-hessischer Geschich- te, Marburg 1992, S. 1–28, hier S. 9–21; dens., Stamm – Territorium – Land. Kontinuität und Wan- del im Namen „Hessen“, zuletzt in: Ursula Braasch-schwersmann (Hrsg.), Burg, Dorf, Kloster, Stadt. Beiträge zur hessischen Landesgeschichte und zur mittelalterlichen Verfassungsgeschichte. Ausgewähl- te Aufsätze von Fred Schwind. Festgabe zu seinem 70. Geburtstag (Unters.Mat.Verf.LG 17), Marburg 1999, S. 161–175, hier S. 164–168; Karl heinemeyer, Die Erhebung Landgraf Heinrichs I. von Hessen


































































































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