Page 37 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 37
NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 17
alten thüringischen Landgerichts Mittelhausen im Beisein zahlreicher Großer des Lan- des verkündete41. Der dritte Schritt, mit dem er seine landgräfliche Herrschaft in Thü- ringen endgültig „unumkehrbar“42 machte (Stefan Tebruck), war die reichsrechtliche Legitimierung seiner Stellung. Sie erreichte er im April 1252 auf einem Hoftag in Mer- seburg, wo er, der bis dahin als einer der letzten Fürsten auf Seiten der Staufer stand, den 1247 auf päpstliches Betreiben gewählten König Wilhelm von Holland anerkann- te, ihm huldigte und sich von ihm mit seinen Reichslehen, darunter auch der Landgraf- schaft Thüringen, belehnen ließ.
Eng verbunden mit dieser zügigen Herrschaftsübernahme und Durchsetzung sei- ner Herrschafts- und Erbansprüche nach innen war die rasche Zurückdrängung und Abfindung jener Familienangehörigen, die bei den Erb- und Nachfolgeregelungen von 1243 offenbar nicht oder zu gering bedacht worden waren und die sofort nach dem Tod Heinrich Raspes von außen her konkurrierende Ansprüche auf das ludowingische Erbe in Thüringen bzw. Anteile davon erhoben43. Dies galt, wie bereits oben erwähnt, vor allem für den Askanier Graf Siegfried I. von Anhalt († 1298), der wie Heinrich der Erlauchte über seine ludowingische Mutter – Landgraf Hermanns I. Tochter Irmgard aus zweiter Ehe – ein Neffe Heinrich Raspes war. Er bestritt das bessere Recht Mark- graf Heinrichs auf das ludowingische Erbe in Thüringen44 und titulierte sich noch 1252 auf seinem Siegel als HERES THURINGIE45. Ihn, der mit seiner breiten askani- schen und welfischen Verwandtschaft im Hintergrund „keineswegs eine Randfigur“46 darstellte (Stefan Tebruck) und bei seinem kriegerischen Eingreifen 1247/48 in Nord- thüringen wichtige Anfangserfolge erzielte, konnte Markgraf Heinrich aufgrund sei- ner militärischen Überlegenheit und seiner mit dem Weißenfelser Vertrag erreichten landgräflichen Vormachtstellung spätestens 1250 gegen die Zahlung einer Abfin- dungssumme zum Verzicht auf seine Erbansprüche bewegen47. Ebenfalls abgefun-
Dokument: Überlieferung, Beschreibung, Edition und Übersetzung, in: kunde/teBruck/wittmann
(wie Anm. 39), S. 95–121, hier S. 111 ff.; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 274 f., Nr. 1721.
41 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 289, 291 f.
42 Ebd., S. 293–300 (Zitat S. 300).
43 Vgl. die zeitgenössischen Quellenzitate oben Anm. 29.
44 So nach dem zeitgenössischen Bericht des Mönches Reinhold von Marienthal bei Helmstedt, der als
Grund für die Auseinandersetzung zwischen Siegfried I. und seinen Brüdern sowie Markgraf Heinrich als consanguineos defuncti [sc. Heinrich Raspe], den Streit darüber angab, quis eorum videretur esse vicinior heredi- tati eius, Otto von heinemann, Codex Diplomaticus Anhaltinus, Bd. 5: 1380–1400, Dessau 1881, S. 363 ff., Nr. 5; dazu teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 257 Anm. 39.
45 ilGen/VoGel, S. 234; teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 257 mit Anm. 39.
46 ilGen/VoGel, s. 278 ff.; teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 257 ff., 269 f., der auf die „breite, durch Verwandtschaft und gemeinsame politische Interessen verbundene Koalition zwischen den Her- zögen von Braunschweig und von Sachsen und den Grafen von Anhalt“ verweist, in die auch die Mark- grafen von Brandenburg einbezogen waren. Dieser Verwandtschaftsverbund hatte bereits bei dem Hil- desheimer Bischofsstreit 1246/49 und sehr wahrscheinlich auch dem schlesischen Bruderkrieg 1249 politisch eingegriffen und Graf Siegfried von Anhalt zu einem „sehr viel größeren politischen Rückhalt im Konflikt mit Heinrich dem Erlauchten, als dies bislang in der Forschung erkannt worden ist“, ver-
holfen (Zitate S. 259, 270).
47 Ebd., S. 260 f., 288 mit Anm. 119; vgl. auch lutz (wie Anm. 9), S. 240 f.