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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 15
me der Landgrafschaft durch den wettinischen Markgrafen von Meißen stellten31, und es traf in fast noch höherem Maße für die geistlichen Lehnsherren der Ludowinger zu, deren zahlreiche Kirchenlehen in Thüringen und Hessen durch das Ausbleiben direk- ter Nachkommen Heinrich Raspes ledig geworden waren.
Vor allem letzteres sollte zu einem zentralen Konfliktpunkt werden. Der Tod Hein- rich Raspes eröffnete nicht nur den Reichsabteien Fulda und Hersfeld die Aussicht, über große Teile ihrer verlehnten Güter und Rechte wieder frei zu verfügen, sie ein- zubehalten oder an andere Inhaber auszugeben und so die z. T. weit über hundertjäh- rige ludowingische Oberherrschaft abzuschütteln32. Vielmehr bot sich vor allem dem Mainzer Erzbischof, von dem die meisten und wichtigsten Kirchenlehen der Ludo- winger stammten, als dem neben den Ludowingern mächtigsten Herrschaftsträger die entscheidende Einbruchstelle, um mit dem Heimfall und der Einbehaltung dieser Le- hen die künftigen Inhaber der Landgrafschaft Thüringen und der Herrschaft Hessen empfindlich zu schwächen33. Für seine Machtstellung in den mittleren und östlichen Teilen des Erzstifts war dies umso bedeutsamer, als sich die Mainzer Einflusszonen im heutigen Mittel- und Nordhessen, im südlichen Niedersachsen und in ganz Thü- ringen bis zur Saale in einer unlöslichen Gemengelage mit den ludowingisch-landgräf- lichen Gütern, Herrschaftsbereichen und Herrschaftsrechten befanden – von denen nicht wenige Mainzer Lehen waren34.
Nur widerwillig hatte es Erzbischof Siegfried III. von Mainz, der seit 1241 gemein- sam mit dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden an der Spitze der päpstli- chen antistaufischen Partei in Deutschland stand, hinnehmen müssen, dass Heinrich Raspe nach seinem Übergang ins päpstliche Lager 1243 seine Machtposition mit kuri- aler Hilfe weiter auf Kosten des Mainzer Erzstifts ausbauen konnte, um sie dann 1246 – nicht zuletzt dank der maßgeblichen Mitwirkung des Mainzers bei der Wahl – durch seine päpstlich betriebene Königserhebung zusätzlich zu überhöhen und zu stärken35. Umso erwünschter bot sich ihm mit dem plötzlichen Tod Heinrich Raspes im Febru- ar 1247 die Möglichkeit, durch die Einbehaltung der Kirchenlehen nicht nur verlore-
31 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 265.
32 Dazu zuletzt teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 252 mit dem wichtigen Hinweis S. 253 Anm. 27,
dass Papst Innozenz IV. im Mai 1247 den Mainzer Erzbischof Siegfried III. mit dem Rückerwerb und
dem Schutz aller Fuldaer Güter beauftragt hatte.
33 Vgl. hierzu neben teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 250 ff., zuletzt auch Karl heinemeyer,
Geistliche und weltliche Kräfte im Ringen um den Aufbau in der Landesherrschaft in Hessen, in: Ingrid BaumGärtner, Winfried schich (Hrsg.), Nordhessen im Mittelalter. Probleme von Identität und über- regionaler Integration (VHKH 64), Marburg 2001, S. 53–77, hier S. 66 f.
34 Wie Anm. 33; vgl. auch Ulrich reulinG, Die territoriale Entwicklung des Kurfürstentums Mainz, in: Fred schwind (Hrsg.), Geschichtlicher Atlas von Hessen. Text und Erläuterungsband, Marburg 1984, S. 84–89 (zu Karte 16), hier S. 86 f., und Günter christ, Erzstift und Territorium Mainz, in: Friedhelm JürGensmeier (Hrsg.), Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte, Bd. 2: Erzstift und Erzbistum Mainz. Territoriale und kirchliche Strukturen (Beiträge zur Mainzer Kirchengeschichte 6), Würzburg 1997, S. 17–444, hier S. 313–423.
35 werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 235 f.


































































































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