Page 36 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 36
16 MATTHIAS WERNER
ne Positionen zurück zu gewinnen36, sondern sogar in einigen Regionen – insbesonde- re in Hessen – den Nachfolgern Heinrich Raspes zentrale Herrschaftsgrundlagen zu entziehen und dadurch selbst „zur beherrschenden Territorialmacht“ 37 in der gesam- ten Großregion aufzusteigen. Schon im März 1247 verfügte Erzbischof Siegfried III. über das Gericht Maden (bei Fritzlar) als das majus tribunal comitatus Hassie und hatte da- mit keine sechs Wochen nach Heinrich Raspes Tod gleichsam den Kern der ludowin- gischen Herrschaft Hessen in seine Hand gebracht38. Ähnlich massiv, wenngleich für den Inhaber der Landgrafschaft nicht derart existenziell bedrohlich, waren auch seine Ansprüche in Thüringen.
II. Der Erwerb der Landgrafschaft Thüringen durch Markgraf Heinrich den Erlauchten von Meißen (1247–1254)
Zuletzt hat Stefan Tebruck 2003 detailliert aufgezeigt, wie es Markgraf Heinrich von Meißen nach dem Tod Heinrich Raspes binnen kurzer Zeit gelang, durch militärische Erfolge, Verhandlungsgeschick, finanzielle und territoriale Abfindungen und die Ein- bindung der wichtigsten regionalen Herrschaftsträger seinen 1243 kaiserlich verbrief- ten Anspruch auf die landgräfliche Herrschaft in Thüringen durchzusetzen39. Wich- tigste Etappen seiner Herrschaftsanerkennung und Herrschaftsbehauptung waren der Weißenfelser Vertrag vom 1. Juli 1249, in dem Markgraf Heinrich den Großteil der thüringischen Grafen und Herren auf sich als den vero domino nostro et lantgravio Thuringie verpflichtete40, und der Landfrieden vom 28. Februar 1250, den er als Vorsitzender des
36 ilGen/VoGel, S. 237 f. Sehr klar formulierte Erzbischof Werner die Rechtslage in seiner Exkommuni- kationsurkunde über Sophie von Brabant und deren Sohn Heinrich vom 4. Mai 1261, in der er ihnen je- des Recht auf die Mainzer Lehen Heinrich Raspes absprach, da diese ceperunt ecclesie nostre vacare per mortem quondam Heinrici lantgravii Thuringorum in Romanorum regem electi, eo quod rex ipse decessit absque herede de iure ca- pacis feudorum suorum, Valentin Ferdinand von Gudenus, Codex diplomaticus exhibens anecdota ab anno DCCCLXXXI, ad MCCC Moguntiaca, ius Germanicum et S.R.I. historiam illustrantia, 5 Bde., Göttin- gen 1743–1768, hier Bd. 1, S. 680 f., Nr. 299; Böhmer/will, XXXVI (Erzbischof Werner), S. 354, Nr. 44; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 456, Nr. 2899.
37 heinemeyer, Aufbau (wie Anm. 33), S. 66.
38 Vgl. dazu unten S. 28.
39 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), passim; vgl. auch dens., Heinrich der Erlauchte und das ludo-
wingische Erbe: Ein Wettiner wird Landgraf von Thüringen, in: Holger kunde, Stefan teBruck, Helge wittmann, Der Weißenfelser Vertrag von 1249. Die Landgrafschaft Thüringen am Beginn des Spätmit- telalters (Thüringen gestern und heute), Erfurt 2000, S. 11–62; ders., Zwischen Integration und Selbst- behauptung. Thüringen im wettinischen Herrschaftsbereich, in: Werner maleczek (Hrsg.), Fragen der politischen Integration im mittelalterlichen Europa (VuF 63), Ostfildern 2005, S. 375–412, hier S. 390– 393, und jüngst Mathias kälBle, Die Wettiner in Thüringen (1247–1485). Karl Wencks „Geschichte der Landgrafen und der Wartburg“ im Spiegel der Forschung, in: Wartburg-Jahrbuch 2008 (2010), S. 130– 167, hier S. 137 ff.; vgl. auch den Beitrag von Mathias kälBle im vorliegenden Band.
40 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 275–289, der S. 288 den Weißenfelser Vertrag als den „entscheidende[n] Schritt zur Übernahme der landgräflichen Herrschaft in Thüringen durch Heinrich den Erlauchten“ bezeichnet: maßgebliche Edition jetzt bei Holger kunde, Der Weißenfelser Vertrag als