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14 MATTHIAS WERNER
den Vereinbarungen dürften somit gleichfalls im Frühjahr/Frühsommer 1243 anzu- setzen sein25.
In wesentlichen Grundzügen war die Aufteilung des ludowingischen Herrschafts- komplexes in der Gestalt, wie sie 1264 von allen Seiten endgültig anerkannt wurde, so- mit durch die Erb- und Nachfolgeregelungen von 1243 vorgegeben. Dennoch bedurf- te es, wie schon erwähnt, nach dem Tod Heinrich Raspes im Februar 1247 noch eines langen, konfliktreichen Weges und erheblicher Modifizierungen, bis sich die beteilig- ten Parteien auf die definitive Festlegung und Sicherung ihrer Anteile verständigten26.
Probleme, Unwägbarkeiten und Konflikte traten dabei von unterschiedlichsten Sei- ten auf und verflochten sich miteinander27. Im Vordergrund standen zum einen – mit Blick auf die Umsetzung der Erbregelung von 1243 – die Fragen der Rechtmäßig- keit der Eventualbelehnung Markgraf Heinrichs des Erlauchten nach der Absetzung Kaiser Friedrichs II. 124528 und des weitgehenden Ausschlusses offenbar aller übri- gen Angehörigen des ludowingischen Landgrafenhauses mit Ausnahme Sophies vom Erbe29. Hinzu kamen in der Folgezeit, nicht zuletzt bedingt durch frühe Todesfälle und Minderjährigkeit, Auseinandersetzungen zwischen den beiden hauptsächlich am ludo- wingischen Erbe beteiligten Parteien, Markgraf Heinrich dem Erlauchten und seinen Söhnen sowie Herzogin Sophie von Brabant und ihrem Sohn Heinrich dem Kind30. Zum anderen boten die Erbstreitigkeiten und die Ausnahmesituation nach dem kin- derlosen Tod Heinrich Raspes den übrigen führenden politischen Kräften des Landes willkommene Rahmenbedingungen, ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Dies galt insbesondere für die thüringischen Grafen, die sich zum Großteil gegen die Übernah-
25 Schon Karl wenck, Geschichte der Landgrafen und der Wartburg als fürstlicher Residenz vom 13. bis 15. Jahrhundert, in: Max BaumGärtel (Hrsg.), Die Wartburg. Ein Denkmal Deutscher Geschichte und Kunst, Berlin 1907, S. 211–262, 701–706, hier S. 222, hielt es für wahrscheinlich, dass bereits Heinrich Raspe die Erbregelungen für das Haus Brabant traf, ließ den Zeitpunkt aber offen. Auch ilGen/VoGel, S. 355 f., gingen von einer Erbteilung des gesamten Erbes 1243 aus, wiesen sie aber Kaiser Friedrich II. zu.
26 In der Forschung gilt dieser Prozess seit weGele (wie Anm. 9), S. 39, und insbesondere seit ilGen/Vo- Gel als „thüringischer Erbfolgekrieg“ bzw. als „thüringisch-hessischer Erbfolgekrieg“. Wir werden am Ende des vorliegenden Beitrags zu fragen haben, inwieweit diese Bezeichnung den Vorgängen gerecht wird und ob an ihr festgehalten werden sollte, unten S. 116.
27 teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 248–275.
28 Diese Kritik und Zweifel spiegelt deutlich der unten S. 14 bei Anm. 166 und S. 58 f. mit Anm. 258 zi-
tierte Vermerk der zeitgleichen Erfurter Predigerannalen (wie Anm. 1), S. 107 f. zum Herrschaftsantritt
Heinrichs in Thüringen im Jahre 1250 wider; vgl. teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 260, 289.
29 Die verbreitete Unsicherheit und deren Wahrnehmung durch die unmittelbaren Zeitgenossen werden eindrücklich in den Berichten der Erfurter Predigerannalen (wie Anm. 1), S. 101: Nam vicini quidam prin- cipes iure propinquitatis heredes fieri cupientes ipsam [sc. Thuringiam] invaserunt; quorum marchio Misnensis [...] non modicam huius terre partem sibi subiugavit, und der Chronica Minor Minoritae Erphordensis, in: holder-eG- Ger, Monumenta Erphesfurtensia (wie Anm. 1), S. 524–685, hier S. 662: Hic quia sine herede defunctus est, quamvis feliciter, tamen plurima bella et dira gwerrarum turbatio in Thuringia exorta est et in finibus eius pro habendis
possessionibus eiusdem, über die Situation nach Heinrich Raspes Tod festgehalten
30 Dazu unten S. 55 ff. und 70 ff.


































































































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