Page 33 - Langsdorfer Verträge Inhalt
P. 33
NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 13
Siegfried I. von Anhalt († 1298), und für den Sohn von Raspes ältester Schwester Jut- ta aus zweiter Ehe, Markgraf Heinrichs des Erlauchten Halbbruder Graf Hermann I. von Henneberg († 1290). Beide wiesen gegenüber Landgraf Hermann I. den selben Verwandtschaftsgrad als Enkel auf wie Heinrich der Erlauchte und Sophie von Bra- bant, waren aber als Sohn einer jüngeren Tochter Hermanns bzw. als Sohn aus zweiter Ehe erbrechtlich offenbar deutlich nachgeordnet. Noch schwächer begründet waren die Erbansprüche, die Herzog Albrecht I. von Sachsen als Gemahl von Agnes, einer weiteren, bereits vor 1244 verstorbenen Tochter Hermanns I., und Herzog Otto I. von Braunschweig als kurzzeitiger Schwiegervater von Landgraf Ludwigs IV. Sohn Land- graf Hermann II. (1238–1241) erheben konnten21. Viel spricht dafür, dass sie alle zu- nächst unberücksichtigt blieben22.
Nicht überliefert ist auch der Zeitpunkt, zu dem diese Verfügungen getroffen wur- den. Bei der Datierung ist davon auszugehen, dass die klare Zuweisung der Reichs- lehen, vor allem der Landgrafschaft Thüringen und der Pfalzgrafschaft Sachsen, an Markgraf Heinrich von Meißen im Juni 1243 angesichts dieser deutlichen Bevorzu- gung Heinrichs ein erhebliches – bereits von Friedrich II. in seiner Urkunde angespro- chenes – Konfliktpotential in sich barg23 und deshalb eine Abstimmung mit den Nach- kommen von Raspes Bruder Ludwig IV. als den nächst berechtigten Erben über eine angemessene Abfindung voraussetzte. Dies umso mehr, als Sophies Gemahl Herzog Heinrich II. von Brabant ein hochrangiger Verbündeter und enger Verwandter und Vertrauter Heinrich Raspes war24. Vor diesem Hintergrund darf es als fast sicher gel- ten, dass der erbliche Übergang der Herrschaft Hessen sowie eines Teils der ludowin- gischen Allode und Kirchenlehen in Thüringen an Sophie, Herzog Heinrich II. von Brabant und deren künftige Nachkommen in engem Zusammenhang mit der Even- tualbelehnung von 1243 und im Einvernehmen ausgehandelt wurde. Die betreffen-
21 Zu ihnen vgl. ilGen/VoGel, s. 234 f., diemar (wie Anm. 16), S. 8–12, und zuletzt teBruck, Pacem con- firmare (wie Anm. 7), S. 254–258 mit Anm. 28. Letztlich muss es allerdings fraglich bleiben, ob es im Oktober 1239 wirklich zu einer Heirat Hermanns II. mit der damals höchstens 8-jährigen Helene von Braunschweig gekommen war, oder ob es sich lediglich um eine Verlobung handelte, vgl. werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 212 f. mit Anm. 365.
22 So vor allem die Art und Weise, wie sie nach Heinrich Raspes Tod ihre Ansprüche geltend machten, vgl. dazu insbesondere teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 254–275.
23 Man ist versucht, mit Karl E. demandt, Geschichte des Landes Hessen, 2. Aufl. Kassel, Basel 1972, ND Kassel 1980, S. 178, einen inneren Zusammenhang mit dem Ausschluss Hermanns II. als des allein berechtigten Erben seines Vaters Ludwigs IV. 1227/28 durch Heinrich Raspe zu vermuten. Dies umso mehr als es deutliche Hinweise auf tiefgreifende Spannungen innerhalb der landgräflichen Familie zwi- schen Heinrich Raspe und Hermann II. – dem Bruder Sophies – nach dessen Herrschaftsantritt in Hes- sen 1238 gibt, vgl. werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 214 f. mit Anm. 370. Doch letztlich müssen alle Überlegungen dieser Art spekulativ bleiben.
24 Zu den politischen Aspekten des doppelten Heiratsbündnisses mit Herzog Heinrich II. von Brabant von 1219/41 als Gemahl von Heinrich Raspes Nichte Sophie und als Schwiegervater Heinrich Raspes über seine dritte Gemahlin Beatrix vgl. werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 193 f. mit Anm. 283 und S. 215 f.