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12 MATTHIAS WERNER
nach dem Grundsatz „der Tochtersohn geht der Sohnestochter vor“ in der Erbfolge eindeutig ihrem Vetter Markgraf Heinrich nachgeordnet worden15. Dessen Mutter Jut- ta († 1235) war das erste Kind (primogenita) aus Landgraf Hermanns I. erster Ehe und damit die älteste unter den Geschwistern Heinrich Raspes.
Für die allodialen Güter und Rechte Heinrich Raspes und seine Kirchenlehen hat sich keine vergleichbare Urkunde erhalten, und möglicherweise wurde eine solche auch gar nicht ausgestellt. Hier lassen sich die Erbregelungen lediglich aus den spä- teren Besitzverhältnissen und Erbansprüchen erschließen. Danach wurde den nach Markgraf Heinrich nächst Erbberechtigten, also Sophie, deren Gemahl Herzog Hein- rich II. von Brabant und deren künftigen Kindern16, vor allem die Herrschaft Hessen zugesprochen, die kein Reichslehen und somit kein Fürstentum war und im wesentli- chen auf allodialer Grundlage und zahlreichen Kirchenlehen beruhte17. Auch die Gü- ter an der Leine südlich Göttingen dürften für die Linie von Heinrich Raspes ältestem Bruder Ludwig IV. bestimmt gewesen sein18. Hingegen bleibt auf den ersten Blick un- klar, wie mit den ludowingischen Alloden und Kirchenlehen in Thüringen verfahren wurde. Nach den späteren Zeugnissen scheint es bei ihnen zu einer Teilung gekom- men zu sein, bei der einige hochrangige Orte im Westen Thüringens wie die Wartburg, die Stadt Eisenach und Stadt und Gericht Thamsbrück an Sophie gelangen sollten19, während die Hauptmasse der übrigen Allodialgüter, insbesondere in der Mitte und im Osten offenbar für Markgraf Heinrich vorgesehen war20.
Gänzlich offen ist, inwieweit neben Heinrich dem Erlauchten und Sophie noch weitere Erbberechtigte in die Regelungen einbezogen wurden. Dies gilt vor allem für die Nachkommen von Heinrich Raspes Schwester Irmgard († um 1240) und deren Gemahl Graf Heinrich I. von Anhalt († 1251/52), insbesondere für deren Sohn Graf
berg bei Wetzlar anvertraut wurde, dem sie seit 1248 als Meisterin vorstand, vgl. unten S. 103 mit Anm.
466.
15 Ausführlich hierzu ilGen/VoGel, S. 227–233 (Zitat S. 322).
16 Heinrichs und Sophies Tochter Elisabeth als ihr erstes Kind wurde in der ersten Jahreshälfte 1243 ge-
boren, ihr Sohn Heinrich folgte am 24.6.1244, Hermann diemar, Stammreihe des Thüringischen Land- grafenhauses und des Hessischen Landgrafenhauses bis auf Philipp den Großmütigen, in: ZGH 37 NF 27 (1903), S. 1–32, hier S. 12 f.
17 werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 228 mit Anm. 432; vgl. auch hussonG (wie Anm. 9), S. 8 f. mit Anm. 8; zur Herrschaft Hessen vgl. unten S. 22 ff.
18 Diese Vermutung stützt sich auf die Tatsache, dass die terra prope Lainam mit dem Vorsitz des Landge- richts auf dem Leineberg bei Göttingen zum Herrschaftsbereich von Ludwigs IV. Sohn und Sophies Bruder Landgraf Hermann II. (1238–1241) zählte, der vor allem die – Sophie zugesprochene – Herr- schaft Hessen umfasste und deutlich von der Landgrafschaft Thüringen und den thüringischen Herr- schaftsrechten geschieden war, werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 210 f.
19 Gerade am Beispiel Thamsbrücks, dessen Gerichtssprengel unmittelbar an den des Gerichts Schönstedt grenzte, das an Heinrich den Erlauchten fiel, wird sichtbar, wie detailliert die Erbaufteilung geplant wur- de, vgl. dazu unten S. 91 mit Anm. 413.
20 Anders lutz (wie Anm. 9), S. 230 f., dem zufolge Heinrich der Erlauchte die Allode und die Mainzer Lehen in Thüringen „als integralen Teil der Landgrafschaft“ betrachtet habe. Zu den an Heinrich den Erlauchten gefallenen Gütern in Thüringen vgl. auch den Beitrag von Mathias kälBle im vorliegenden Band.