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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 11
(1235–1252) und Albrecht I. (1252–1279), Herzog Albrecht I. von Sachsen (1212– 1260) und in gewisser Weise auch der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (1238–1261) gleichzeitig zu den führenden Protagonisten in dem dramatischen reichs- geschichtlichen Geschehen jener Jahre zählten. Reichspolitisches Handeln und territo- rialpolitische Interessen griffen somit immer wieder ineinander – und dies umso mehr, als es bei den Konflikten um das Erbe der Ludowinger stets auch um den Einfluss in der Mitte des Reiches in einer reichspolitisch labilen Situation ging10.
Wichtigste Grundlage für die Aufteilung des ludowingischen Herrschaftskomple- xes war eine Regelung, die im Frühjahr/Frühsommer 1243 getroffen wurde. Zu die- sem Zeitpunkt war absehbar, dass der damals etwa 40-jährige Landgraf Heinrich Ras- pe als letzter männlicher Vertreter der Dynastie wohl auch in seiner dritten, im März 1241 geschlossenen Ehe mit Beatrix von Brabant, der Tochter Herzog Heinrichs II. von Brabant (1235–1248) aus dessen erster Ehe, kinderlos bleiben würde11. Die Rege- lung betraf zum einen die Reichslehen Heinrich Raspes – hier waren der Kaiser und das Reich mit einzubeziehen – und sie galt zum anderen den Alloden des ludowingi- schen Hauses und den Kirchenlehen.
Für die Reichslehen erlangte Heinrich Raspe, der zu diesem Zeitpunkt noch als Reichsverweser und enger Parteigänger der Staufer galt, im Juni 1243 die urkundli- che Zusage Kaiser Friedrichs II. für eine Eventualbelehnung seines Neffen Mark- graf Heinrich den Erlauchten von Meißen. Sie sah vor, dass bei einem söhnelosen Tod Heinrich Raspes dessen beiden Fürstentümer, nämlich die Landgrafschaft Thüringen und die Pfalzgrafschaft Sachsen, sowie alle anderen Lehen, die er von uns [sc. Kaiser Friedrich II.] und vom Reich erhalten hat, vom Kaiser an Markgraf Heinrich von Meißen als Lehen übertra- gen werden sollten12. Zugleich sollte die Urkunde, wie Friedrich II. ausdrücklich ver- merkte, sicher stellen, dass unter den Erben, da du [sc. Markgraf Heinrich] von der erstge- borenen Tochter seines [sc. Heinrich Raspes] Vaters Hermann abstammst, keine Streitigkeiten und Zwiespalt entstünden13. Letztere Bemerkung bezog sich vor allem wohl auf Sophie, die Tochter Landgraf Ludwigs IV., des erstgeborenen Sohnes Landgraf Hermanns I. (1190–1217) und ältesten Bruders Heinrich Raspes. Sophie – nach dem Tod ihres Bru- ders Hermann 1241 (den Heinrich Raspe 1227 als den von Ludwig IV. bestimmten Alleinerben von der Nachfolge verdrängt hatte) und angesichts des geistlichen Stan- des ihrer jüngeren Schwester Gertrud († 1297)14 die einzig verbliebene erbberechtig- te Nachkommin Ludwigs IV. – war von Heinrich Raspe hinsichtlich der Reichslehen
10 So zuletzt nachdrücklich teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 293.
11 Hierzu zuletzt ausführlich werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 228 ff.
12 Jean-Louis-Alphonse huillard-Bréholles (Ed.), Historia diplomatica Friderici secundi, Bd. 6,1, Paris
1860, S.100 f.: duos principatus suos, videlicet lantgraviam Thuringie et comaciam [sic!] palacii Saxonie et omnia alia feoda, que a nobis et ab imperio tenet cum ipsorum pertinentiis; doBenecker, Regesta, Bd. 3, Nr. 1093; vgl. hier- zu mit Verweis auf die bisherige Literatur teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 249 mit Anm. 18.
13 Wie Anm. 12: ne inter heredes tunc, cum de patris sui Hermanni felicis recordationis primogenita sis genitus, lites et se- diciones oriantur.
14 Zur symbolischen Abfindung Gertruds, die als jüngstes Kind Landgraf Ludwigs IV. erst nach dessen Tode Ende September 1227 geboren und in frühester Kindheit dem Prämonstratenserinnenstift Alten-


































































































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