Page 8 - Frankenthal Integra
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Fatma Mittler-Solak
Grußwort
„Sprache ist Macht.“ Das sagte meine Lehrerin im Deutsch-Leistungskurs auf dem Gym- nasium. Dieser Satz liegt jetzt etwa zwanzig Jahre zurück. Ich erinnere mich aber noch sehr genau daran, wie unwohl ich mich mit dieser Aussage fühlte und ich erinnere mich auch an den Impuls, der neuen Lehrerin zu widersprechen.
Ich war und bin überzeugt: Sprache ist viel mehr als Macht. Macht ist kalt, plump, beherr- schend. Sprache aber ist warm, freundlich, verbindend. Sprache ist eine Brücke. Eine Brü- cke zwischen zwei Menschen. Doch die schönste Sprache der Welt, und meiner Meinung nach ist dies die deutsche Sprache, nützt nichts, wenn man sie nicht sprechen kann. Wer nicht richtig Deutsch spricht, kann langfristig nicht auf die Geduld und Akzep- tanz seines Gegenübers hoffen. Wer sich nicht mitteilen kann, steht bald am Rande der Gesellschaft. Nur wer die deutsche Sprache beherrscht, kann erfolgreich an Bildung und Beschäftigung teilhaben und somit Teil der Gesellschaft sein.
Sprache ist und bleibt der Schlüssel zur Integration. Etliche Studien zeigen jedoch wieder- holt, dass Kinder mit Migrationshintergrund im späteren Berufsleben benachteiligt sind, weil sie schlechtes Deutsch sprechen. Die Kinder liegen mir sehr am Herzen. Denn ausge- grenzt werden sie aufgrund ihrer mangelnden Deutschkenntnisse nicht erst im Berufsle- ben, sondern schon viel früher. Auf dem Pausenhof und bereits im Grundschulalter fängt es an. Gehört man ein Mal nicht dazu, ist es schwer Anschluss zu finden. Fehlt die Sprach- kompetenz, wird der Kontakt zwischen deutschen Kindern und Kindern mit Migrations- hintergrund mehr und mehr abreißen.
Um das zu verhindern, gibt es bundesweit viele hervorragende Projekte zur Förderung der Deutschkenntnisse von Kindern mit Migrationshintergrund. Und so lautet die Maxime der Integrationspolitik der Bundesregierung auch: Sprachförderung von Anfang an. Beispiels- weise investiert die Bundesregierung für die Förderung der deutschen Sprache in Kitas viele hundert Millionen Euro. Das Geld fließt in die sogenannte „Schwerpunkt-Kita Spra- che und Integration“. Bundesweit gibt es etwa 4.000 davon. Vielleicht sind das noch zu wenig Kitas und vielleicht ist auch das ganze Engagement seitens der Bundesregierung noch immer nicht genug und es muss noch mehr getan werden. Meines Erachtens aber sollte dies auf beiden Seiten geschehen. Unbedingt auf beiden Seiten! Es ist nicht rich- tig, sich auf die Politik zu verlassen und sich selbst nicht zu engagieren – in der Hoffnung: Irgendjemand wird meinem Kind schon Deutsch beibringen.
Von Eltern mit Migrationshintergrund wünsche ich mir stärkeres Engagement, wenn es um die Vermittlung der deutschen Sprache geht, denn sie sind die Ersten, die ihren Kin- dern einen Zugang zur deutschen Sprache ermöglichen können. Beispielsweise indem sie Kontakt zu deutschen Nachbarn, Kindergartenkindern oder zum Bäcker pflegen. Sie soll- ten aktiv Deutsch sprechen, es ihren Kindern vormachen. Da reicht auch schon ein „Hallo, guten Tag! Wie geht es Ihnen?“ Schön ist es auch, wenn diese Eltern ihren Kindern deut- sche Bücher vorlesen. Ich persönlich habe auch durch das Lesen sehr profitiert. Schon im Grundschulalter haben mir meine Eltern einen Ausweis in der Frankenthaler Stadtbüche- rei machen lassen. Vielleicht habe ich damals den Wert dieses Ausweises nicht so recht verstanden, heute weiß ich ihn umso mehr zu schätzen.
Fatma Mittler-Solak
Journalistin, Fernsehmoderatorin