Page 21 - Mitteilungen-Geschichtsverein Erfurt Heft 22
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Der „Reformator Erfurts“ nimmt Gestalt an
gestorben 1488, der für den 1715 verstorbenen Paul Meinong, ebenfalls Domorganist, ein weiteres Mal benutzt wurde.21
Aufmerksamkeit verdient noch ein Text von Johann Heinrich Tieme- roth am Ende des Grabsteininventars. Tiemeroth war Pfarrer der Michaelis- kirche.22 Er starb 1758 und ließ sich unter Grabstein „14“, also direkt neben Lang, bestatten. Er schreibt: „In der Kirchen zu S. Michael lieget, gleich dem Altar über, D. Lange, welcher 1521 aus dem Augustiner-Kloster als ein Mönch gegangen, alhier Pastor und hernach Neun-Prediger und Senior wor- den. Der ausgehaune Stein praesentiret sein Gesichte ganz Klein: hat einen Priester-Rocken, wie aniezo noch gebräuchlich, hält in der hand ein eröff- netes Buch. die Umschrift ist diese: Ao Dni 1548 scda Aprilis Rev. Dn. Joh. Lange verae et purioris S. Theologiae Doctor et Professor veraeque Ecclesiae Die apud Erphord. Superat. pie in Domino obdormivit.“23 Der exakt gleiche Text befindet sich in einer Handschrift des Chronisten Johann Michael Wein- rich vom Anfang des 18. Jahrhunderts, die Notizen über evangelische Kir- chen Erfurts enthält.24 Heinrich Tiemeroth, Georg Quehl und andere Auto- ren übernahmen Weinrichs Beschreibung wortwörtlich.
Abschließend bleibt noch zu klären, wann und wieso der Grabstein Langs in Vergessenheit geraten konnte. Nach Bernhard Hartung soll er noch 1817 an seiner ursprünglichen Stelle im Kirchenfußboden gelegen haben.25 1830 war er nicht mehr auffindbar.26 In der Zeit dazwischen muss er entfernt worden sein. Dies geschah mit großer Wahrscheinlichkeit bei der Sanierung der Kirche 1819/20, bei der u. a. der Fußboden um sechs Zoll erhöht wur-
21 Zur Person des Johannes Gerhardi siehe Erthel, Tim: Erfurter Pfarrkirchen im Mittelalter. Untersuchungen zu Baugestalt und Ausstattung. Magisterarbeit Leipzig 2010. S. 114-120; speziell zum Grabstein Gerhardis siehe Bornschein, Falko: Grabplatten für die Geistlichkeit des Marienstiftes im Dom zu Erfurt aus der Zeit von 1470 bis 1550 (Kleine Schriften des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. Bd. 2). Erfurt 1997. S. 114f.
22 Bauer: Theologen (wie Anm. 1). S. 313.
23 BEME, „Verzeichnüß [...]“ (wie Anm. 13).
24 Stadtarchiv Erfurt 5/101-4, Weinrich, Johann Michael: Notizen über Erfurter
evangelische Kirchen, fol. 27r. Zu Weinrich siehe Bouginé, Carl Joseph: Hand- buch der allgemeinen Litterargeschichte nach Heumanns Grundriß. Bd. 5. Zürich 1792. S. 63.
25 Hartung: Häuserchronik (wie Anm. 4). S. 171.
26 Quehl: Predigerkirche (wie Anm. 1). S. 164.
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