Page 31 - Mitteilungen-Geschichtsverein Erfurt Heft 22
P. 31

Zum Erfurter Geleit in Mittelalter und früher Neuzeit
aus dem Hause Wettin, seit 1423 auch Herzöge und Kurfürsten von Sachsen. Bei ihnen blieb das thüringische Geleit bis zur allgemeinen Aufhebung aller Binnenzölle, Geleite und ähnlicher Abgaben im Deutschen Bund durch die Gründung des Deutschen Zollvereins 1833/34. Wie alle Geleitsherren unter- hielten im späteren Mittelalter und in der Frühen Neuzeit auch die Land- grafen von Thüringen sowohl an den Grenzen als auch im Innern des Lan- des zahlreiche Geleitstellen, an denen die Reisenden, Kauf- und Fuhrleute sich zu melden und ihre mitgeführten Waren zu „verg(e)leiten“ hatten, wie man sagte. Geleitsstellen bestanden außer in Erfurt in Eisenach, Creuzburg, Tambach, Buttelstedt oder Eckartsberga, um nur einige zu nennen.
3. das ErfurTEr gElEiTsamT
Unter den thüringischen Geleitstationen stellte Erfurt einen Sonderfall dar. Denn das landgräfliche Geleitsamt befand sich in einer gleichsam „auswär- tigen“ Stadt, deren Herr, der Erzbischof von Mainz, als Reichsfürst für sein Territorium selbst das Geleitsrecht besaß. Dennoch unterhielten hier über Jahrhunderte die Landgrafen von Thüringen und Herzöge bzw. Kurfürs- ten von Sachsen ihr zentrales thüringisches Geleit, das später sog. Erfurter Haupt- oder Obergeleit. Der Grund dürfte sicherlich in Erfurts zentraler Lage in Thüringen zu suchen sein, in ihrer besonderen Verkehrslage mit der Kreuzung von zwei der wichtigsten Fernverkehrsstraßen des Reiches und in der seit dem frühen Mittelalter erkennbaren Rolle Erfurts als des wich- tigsten Handelsplatzes in Thüringen.21 Doch setzte die Einrichtung ohne Zweifel die Zustimmung des Stadtherrn voraus, handelte es sich doch um eine „hoheitliche“ Funktion, die von seiner Stadt aus ein fremder Fürst dau- erhaft ausübte.22
21 Vgl. zuletzt Heinemeyer, Karl: Zum Erfurter Freizinsrecht im 12. Jahrhundert. In: MVGAE 73 (2012). S. 10–102, hier S. 55–62; Ders.: Handel und Verkehr im mittelalterlichen Thüringen. In: Geschichtsverein für Kärnten. Bulletin. Zwei- tes Halbjahr 2013 (Klagenfurt 2013). S. 49–58.
22 Inwieweit sich das Geleitsrecht des Landgrafen auch auf die Territorien ande- rer thüringischer Landesherren erstreckte, kann hier nicht untersucht werden. Bemerkenswert ist immerhin, dass in den Geleitstafeln keine herrschaftliche, sondern eine geographische Gliederung durch die Flüsse Werra, Unstrut und Saale sowie den Thüringer Wald erscheint. Vgl. GT 12 Z. 20–24 (3. Allg. Bestim- mung), ebd. Z. 76–80 (10. Allg. Bestimmung) und GT 5 Z. 35–41 (9. Allg. Bestim- mung).
29


































































































   29   30   31   32   33